Sie sind nicht persönlich anwesend – genauso wenig wie Ihre Zuhörer. Sobald Sie online präsentieren, sprechen Sie in ein kleines schwarzes Loch. Ihnen gegenüber erscheinen die Zuhörer als eine Ansammlung von Passbildern. Einige davon bewegen sich etwas. Und Sie wissen, jetzt kommt es darauf an. Gleich zu Beginn ist es wichtig, dass Sie Ihre Präsenz zeigen. Gerade so als seien Sie gemeinsamen in einem Raum. Doch wie gelingt Ihnen das? Online?

Zunächst zum Begriff: Aus dem Sprachunterricht kennen Sie den Präsenz als die „Gegenwartsform“. In diesem Sinne meint Präsenz das „Hier und Jetzt“. Übertragen auf die Präsentationssituation bedeutet es, als RednerIn gegenwärtig zu sein. Wer präsent ist, steht sichtbar im Kontakt zu seinen Zuhörern, ist voll und ganz dabei.

Am einfachsten stellen Sie Präsenz über Ihre Körpersprache her. Durch gezielten Blickkontakt, Gesten und Bewegungen im Raum können Sie sich mit Ihren Zuhörern verbinden. Doch genau hier ist der Knackpunkt: Durch das eingeschränkte Bewegungsfeld und das reduziertes Kamerabild erfährt Ihre Präsenz in Onlinepräsentationen die größten Verluste.

Tipp PUNKTGENAU

Präsenz steht für Kontakt. Für eine Verbindung zwischen Ihnen und Ihren Zuhörern. In Onlinepräsentationen können dies auf sichtbare und hörbare Weise schaffen: Sichtbar durch Ihre Körpersprache, besonders durch Distanz und Nähe vor der Kamera. Weitaus wichtiger für Ihre virtuelle Präsenz sind die rhetorischen Mittel lebendige Stimme und indirekte Zuhöreransprache. Gestalten Sie Ihre Sprechweise abwechslungsreich und führen Sie Dialoge in den Köpfen der Zuhörer.

Sicherlich haben Sie Möglichkeiten, trotz der Einschränkungen, Ihre virtuelle Präsenz zu erhöhen. An vorderster Stelle meine Empfehlung: Präsentieren Sie im Stehen! Dadurch gewinnen Sie einen größeren Aktionsradius, können besser gestikulieren. Sie werden feststellen, dass Sie über die Veränderung Distanz – Nähe den Kontakt zu Ihren Zuhörern eindeutiger gestalten können. Machen Sie es wie Stromberg (Hauptfigur in der gleichnamigen TV-Serie), der über einen Seitenblick in die Kamera, direkt ins Wohnzimmer spricht. Für die Zuschauer ein echter Hingucker, der Verbindung schafft.

Wirklich wettmachen können Sie die angesprochenen Einschränkungen damit allerdings nicht. Deshalb möchte ich hier noch einen weiteren Aspekt von Präsenz ins Spiel bringen. Nicht nur über die Augen, sondern auch über die Ohren können Sie voll und ganz bei den Zuhörern ankommen. Für diesen hörbaren Kontakt haben Sie Mittel in zwei Bereichen zur Verfügung: 1. Ihre lebendige Stimme und
2. (in)direkte Zuhöreransprache.

1. Lebendige Stimme
Monotones Sprechen killt die Aufmerksamkeit. Die Zuhörer gehen auf Distanz. Dagegen kommen Sie über Ihre lebendige Stimme in Kontakt. Durch den stimmlichen Wechsel von Tonhöhe, Lautstärke, Tempo und Betonung binden Sie die Aufmerksamkeit. Die Zuhörer werden Ihnen folgen, bleiben bei Ihnen.

Lebendigkeit hat nichts mit Schnelligkeit zu tun. Achten Sie auf Pausen, mit denen Sie Ihre Inhalte gliedern. Je länger die Pausen sind, desto mehr Spannung entsteht. Zudem sind Pausen hilfreich, um das Gehörte ins Kurzzeitgedächtnis abzuspeichern.

Was können Sie praktisch tun? Wie stärken Sie die Präsenz Ihrer Stimme? Hilfreiche Tipps (zum Beispiel wie Sie Ihre Stimme nach vorne bringen) und drei einfache Übungen habe ich hier gefunden.

2. (In)direkte Zuhöreransprache
Neben der präsenten Stimme können Sie sich über die Inhalte mit den Zuhörern verbinden. Zuhörer möchten thematisch eingebunden werden. Menschen wollen gesehen und beachtet werden. Dafür steht das Motto: Nicht zum Thema, zu den Menschen sprechen.  

Wissen Sie, wer Ihnen da als Zuhörer gegenübersitzt? Was diese Menschen interessiert und bewegt? Wo ihnen der Schuh drückt? Diese und weitere Frage im Vorfeld zu beantworten gehört in die Vorbereitung. Zuhörerorientierung ist das A und O. Erst wenn Sie Antworten auf die Fragen Ihrer Zuhörer bieten können, kommen Sie wirklich in ihre Nähe.

Ihre Zuhöreransprache können Sie direkt oder indirekt anlegen. Direkt meint hier das namentliche Ansprechen. Als gängiges Mittel dienen W-Fragen, die den Auftakt für einen Dialog bieten: „Frau Krause, welche Erfahrungen haben Sie an dieser Stelle gemacht?“

Aus meiner Sicht ist das „Aufrufen“ nicht unproblematisch, weil es Sie als Fragende in eine dominantere Position bringt. Nicht immer die Voraussetzung für einen Dialog auf Augenhöhe. Besser geeignet erscheint mir die indirekte Zuhöreransprache.  

Die Eleganz besteht darin, die Personen beim Namen oder ihrer Funktionsbezeichnung („Sie als Führungskraft“) anzusprechen, ohne sie zum Sprechen aufzufordern. Der Dialog findet in den Köpfen als „stummer Dialog“ statt.

Beispiele indirekte Zuhöreransprache
– Person zitieren: „Vorhin meinte Frau Krause, dass in ihrer Erfahrung…“
– Körpersignale nennen: „Herr Ullrich hat gerade den Kopf geschüttelt…“
– Perspektivwechsel: „Als Führungskräfte werden sie sich fragen, ob…“

Häufig wirkt eine indirekte Zuhöreransprache wie eine Einladung zum direkten Dialog. Und voilà, damit sind Sie bei Ihren Zuhörern angekommen. Interaktion schafft Verbindung. Weitere Ideen, wie Sie ihre Zuhörer aktivieren können, finden Sie in diesen Blogbeiträgen.